Ich bin Lehrer in der gymnasialen Oberstufe und kann seit ca. einem Jahrzehnt bei den jungen Leuten zwei gänzlich getrennte Entwicklungen feststellen.
a) Es gibt immer häufiger den WUNSCH, einmal eine heile, intakte Familie zu haben.
Insofern kann ich die Position von Ministerin Schröder und auch von #2 bestätigen. Die jungen Leute finden,
die Familie [solle] wieder eine zentralere Rolle einnehmen. ...
diese jungen Menschen finden Patchwork und Alleinerziehend aus eigener Erfahrung ziemlich doof.
Da setzt ein Umdenken ein...
Ein solches Denken setzt oft schon mit dem Ende der Pubertät ein und betrifft beide Geschlechter, die jungen Frauen jedoch in stärkerer Weise, als die jungen Männer.
Als Beispiel kann ich anführen, dass heute in Abiturzeitungen viele Abiturientinnen bei ihren Zukunftswünschen detailliert angeben, wie viele Kinder sie einmal haben möchten. Noch vor zehn Jahren wäre dies gänzlich undenkbar gewesen.
Männliche Abiturienten gehen meist nicht so ins Detail. Durchaus häufig geben aber auch junge Männer in der Abizeitung explizit an, dass sie einmal eine Familie haben möchten. Vor zehn Jahren hätte so etwas im Kreise junger Männer noch Lachsalven ausgelöst.
b) Andererseits gibt es hier keinen Grund, um zu jubilieren. #2 hat sehr korrekt noch einen zweiten Trend erspäht (ohne es zu merken).
gerade junge Leute, also ab dem Alter ab 18 [sind] vielfach in Patchworkverhältnissen bzw. bei Alleinerziehenden aufgewachsen
Es mag wohl sein, dass gerade diesem Personenkreis eine intakte Familie als erstrebenswert vorschwebt. Jedoch muss man sagen, dass der WUNSCH nach einer intakten Familie nicht ausreicht, um eine zu haben. Dazu braucht man allerlei Fähigkeiten, und eben diese werden unter jungen Leuten im seltener. Von wem sollen sie lernen, "in guten, wie in schlechten Tag" zusammenzuhalten? Von ihren Patchwork-Müttern vermutlich nicht, von meinen überaus emanzipierten Lehrerkolleginnen wohl ebenso wenig. Gender Mainstreaming wird da auch nicht weiterhelfen.
Wir haben da auf dem Altar der Selbstverwirklichung Fähigkeiten geopfert, die wir nun nicht mehr an die nächste Generation weitergeben können. Da mögen sich die jungen Leute eine intakte Familie wünschen, wie sie wollen - vom Wünschen alleine wird der Wunsch nicht wahr.
m (49)