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  • #1

Flunkereien als Selbstschutz?

Ich bin seit einigen Monaten in einer Beziehung mit einem Mann. Mein Bauchgefühl was ihn anbelangt ist eigentlich gut, aber es gibt einige Äußerungen seinerseits, die mich ziemlich irritieren.
Während ich eine Verfechterin, der 100%igen Ehrlichkeit bin, um ein gesundes Fundament für die Beziehung zu schaffen, sieht er das Thema anders.
Er ist ein eher verschlossener Mensch und braucht länger bis er sich öffnet. Er sagt mir ganz offen, dass es gewisse Themen gibt, über die er mit mir noch nicht sprechen will, weil er meint, dafür müsse sich die Beziehung erst noch stabilisieren. Er sagte auch, dass er bestimmte Flunkereien zu Beziehungsbeginn in Ordnung findet. Das hat mich dann schon stutzig gemacht. Ich meinte, dass man doch nicht lügen muss, man kann ja auch sagen "darüber will ich jetzt noch nicht sprechen". Woraufhin er antwortete: aber dann ist meine Privatsphäre schon verletzt, da du dann ja weißt, dass dieses Thema für mich heikel ist. So nach dem Motto: wenn wir dann länger zusammen sind erfährst du die ganze Wahrheit.
Bei diesen Themen geht es nicht um die grundlegenden Dinge: er ist weder verheiratet noch hat er uneheliche Kinder. Und da wir sehr viel Zeit miteinander verbringen, ist da wohl auch keine andere Frau im Spiel.
Er hatte in der Vergangenheit wenige lange Beziehungen und ist alles andere als ein Aufreißer.
Wie würdet ihr mit der Situation umgehen? Vertrauen und abwarten oder besser gleich gehen?
 
  • #2
Ich glaube, du müsstest schon etwas konkreter werden, worum es sich handelt und was du unbedingt wissen willst, er dir aber nicht sagt.
Ich finde es immer besser zu warten, bis sich jemand freiwillig öffnet, statt zu bohren.
 
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  • #3
Schwierig. Ich bin auch für absolute Ehrlichkeit, denn kleine Flunkereien fallen früher oder später auf und das Gegenüber hat dann schnell das Gefühl, dass man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Wo ist da die Grenze zwischen ein Bisschen und ein Bisschen mehr Flunkern.

Allgemein empfiehlt es sich, wenn man bei seinem Gegenüber merkt, dass er da nicht so gerne darüber redet nicht weiter zu stochern. Vielleicht muss er dann gar nicht erst sagen, dass ihm das unangenehm ist.

Ich würde aber ganz klar sagen, dass dir Ehrlichkeit wichtig und eine Voraussetzung für die Beziehung mit dir ist. Nicht alles von sich zu erzählen ist das eine, die Wahrheit zu verdrehen das andere, das wäre für mich, je nach Ausmaß, ein Trennungsgrund.
 
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  • #4
Ich bin auch ein sehr verschlossener Mensch, der ziemlich lange braucht, um sich zu öffnen, lügen (und seien es nur kleine Flunkereien) würde ich aber nicht und hätte mit einem "darüber will ich jetzt noch nicht sprechen" kein Problem und würde das auch so kommunizieren.

Ich hätte ein Problem damit, wenn mich meine Partnerin, nur weil sie verschlossen ist, aus Selbstschutz anlügt. Auf Basis eines "Ich brauche noch etwas Zeit." kann man langsam mehr Vertrauen aufbauen, auf Basis von Lügen/Flunkereien aber wohl eher nicht.

Du weißt ja nie, wann er flunkert und wann nicht. Genug Offenheit für ein "darüber will ich jetzt noch nicht sprechen" sollte er schon aufbringen.

m, 33
 
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  • #5
Vertrauen und abwarten oder besser gleich gehen?
Nein sofort gehen.(ironie)
Für wen hältst du dich eigentlich? Klar muß dir dieser Mann nicht jedes Detail sofort auf die Füße kotzen. Es gibt Sachen die man selber gerne vergessen würde. z.b. Ist in meiner Kindheit etwas passiert, was ich nie erzählen werde, sondern es mit ins Grab nehme. Macht auch keinen Sinn, da der Täter inzwischen Tod ist.
 
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  • #6
...
Ich finde es immer besser zu warten, bis sich jemand freiwillig öffnet, statt zu bohren.

Bäärbel hat meiner Meinung nach (wie sonst auch in 95% der Fälle) die richtige Antwort gegeben.

1. Man muß nicht alles wissen und schon gar nicht am Anfang der Beziehung.
2. Es kann geben Sachen, die würde man niemandem überhaupt erzählen.
3. Wenn "Er" sagen würde: "Das sage ich Dir später mal", wäre es doch auch geflunkert, weil er es u.U. nie erzählen möchte.
4. Der Partner muß auch nicht alles wissen.
5. GANZ WICHTIG: Sobald man einer Frau (!) sagt, "das erzähle ich Dir später mal" oder "Darüber möchte ich nicht reden", geht sofort die Hirnmaschinerie los:
"Hat was zu verbergen", "Warum sagt er es MIR nicht (aber wahrscheinlich seinen Kumnpels)", usw. Richtig schlimm wird es, wenn dann auch noch die Freundinnen der Partnerin mitspekulieren dürfen...Was dabei rauskommt, kann sich jeder denken...

Dann lieber eine kleine Notlüge und der Ärger rauscht vorbei.
Doof nur, wenn ER seine Notlügen ankündigt (selten dämlich).
 
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  • #7
5. GANZ WICHTIG: Sobald man einer Frau (!) sagt, "das erzähle ich Dir später mal" oder "Darüber möchte ich nicht reden", geht sofort die Hirnmaschinerie los:

...Was dabei rauskommt, kann sich jeder denken...

Das ist dann aber das Problem der Frau. Meiner Meinung ist ein ehrliches "Darüber möchte ich nicht reden. Vertrau mir bitte." immer besser als eine Lüge.

Ehrlichkeit sollte meiner Meinung an erster Stelle stehen und insbesondere auch die Ehrlichkeit, dass man über bestimmte Dinge nicht (ggf. nie) reden möchte.

Dann lieber eine kleine Notlüge und der Ärger rauscht vorbei.
Das sehe ich anders. Wenn das (z.B. durch einen dummen Zufall) rauskommt, ist die Kacke auf Deutsch gesagt tendentiell nämlich erst recht am Dampfen. Und das auch schon dann, wenn es um etwas vermeintlich triviales geht. Dann fragt sich die Frau nämlich: "Warum lügt er mich wegen so etwas an?" und vor allem "Wann hat er noch gelogen?".

Doof nur, wenn ER seine Notlügen ankündigt (selten dämlich).
Das ist in der Tat absolut ungeschickt, da man so ständig mit Lügen rechnen muss.

m, 33
 
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  • #8
Liebe FS,

wenn dir dein Freund soetwas unverblümt sagt, ist das ein Maximum an Ehrlichkeit! Es gibt Sachen, die auch in einer Partnerschaft nicht einfach so erzählt werden sollten. Wenn man von all seinen Sorgen, Zweifeln, Bedürfnissen, einfach den intimsten Gedanken erzählt, läuft man Gefahr den Anderen zu überfordern. In jedem Fall kommt das mit der Zeit! Wer bohrt verliert!
Nebenbei, absolute Ehrlichkeit kann niemand ertragen!
 
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  • #9
Was ist daran denn verwerflich ?
Er lässt etwas weg, aber erfindet keine Märchen
und er spiegelt wohl auch keine falschen Fakten vor.
Ihr seid in der Kennenlernphase. Zuviel Herumbohren
macht alles madig.
 
  • #10
Nebenbei, absolute Ehrlichkeit kann niemand ertragen!

Wenn das so ist, dann frage ich mich warum hier so viele in ihren Profilen hier das Wort Ehrlichkeit
so hoch aufhängen.

Egal ob nun beruflich oder privat ich noch nie von diesen Notlügen Gebrauch gemacht habe und am Ende ist es für mich nur wichtig ob ich mich am nächsten Tag im Spiegel beim Rasieren noch betrachten kann. Eventuell auch nur eine Charakterfrage und dies muss am Ende jeder mit sich selbst abklären.
 
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  • #11
wenn dir dein Freund soetwas unverblümt sagt, ist das ein Maximum an Ehrlichkeit!

Dem Partner Lügen vorab anzukündigen, soll ein Maximum an Ehrlichkeit sein? Was ist das denn für eine verquere Logik? Er holt sich einen Freibrief für Flunkereien und das soll ein Maximum an Ehrlichkeit sein? Das Maximum an Ehrlichkeit wäre es zu sagen, dass er über etwas nicht reden möchte. Da gibt es m.E. auch nichts zu diskutieren.

Er lässt etwas weg, aber erfindet keine Märchen
und er spiegelt wohl auch keine falschen Fakten vor.

Doch genau das tut er. Er sagt ganz klar, dass über bestimmte Dinge nicht reden wird und er sagt weiterhin explizit, dass er flunkern wird, also Märchen erzählen wird. Er sagt eben nicht nur, dass er bestimmte Dinge auslassen wird. Etwas auszulassen/nicht zu erzählen fände ich übrigens auch nicht so schlimm, er sagt aber ja ganz klar, dass er auch flunkern wird.
 
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  • #12
Nebenbei, absolute Ehrlichkeit kann niemand ertragen!

Da solltest Du vielleicht nich von Dir auf andere schließen. Es gibt für mich nichts schlimmeres als wenn jemand meint, mich mit einer Lüge "schützen" zu müssen. Eine unangenehme Wahrheit ist mir tausend mal lieber als eine angenehme Lüge.

Eine Partnerin, die es nicht schafft, mir ehrlich zu sagen, dass sie über etwas nicht reden möchte (was natürlich absolut OK ist) und mir stattdessen eröffnet, dass sie mich anflunkern wird, käme für mich nicht in Frage.

m
 
  • #13
Wie würdet ihr mit der Situation umgehen? Vertrauen und abwarten oder besser gleich gehen?

Ich würde, wenn ich wie du ein gutes Bauchgefühl habe, erst einmal abwarten.

Daran, dass das was er gesagt hat, jetzt ein Problem für dich ist, sieht man wunderbar was so totale Ehrlichkeit und Offenheit anrichten kann. Er hat dir ehrlich gesagt, was er denkt und du denkst darüber nach, ob du nicht die Beziehung beenden solltest.

Von daher gilt bei mir, dass ich auch Ehrlichkeit will und gebe, das aber nicht bedeutet, dass ich über jeden kleinen Gedankenpups mit einem Partner sprechen würde. Über die grundlegenden Dinge sollte man ehrlich sein, das ist wichtig, aber eben nicht bei jeder Kleinigkeit und über etwas nicht sprechen, ist für mich auch nicht gleich eine Lüge. Auch in einer Partnerschaft bleibe ich noch ein Individuum, das seine Privatsphähre hat.
 
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  • #14
GANZ WICHTIG: Sobald man einer Frau (!) sagt, "das erzähle ich Dir später mal" oder "Darüber möchte ich nicht reden", geht sofort die Hirnmaschinerie los:
"Hat was zu verbergen"

Man muß unterscheiden zwischen harmlosen Notlügen und solchen, die den anderen zu dessen Nachteil auf ein falsches Gleis lotsen.

Ich mußte z.B. mal eine halbe Stunde lang auf mein Date warten, weil die Frau noch von ihrem Chef in ein Gespräch verwickelt worden war und sich nicht zeitig genug hatte loseisen können. Damit ihr das nicht so peinlich ist, hatte ich für sie "den Treffpunkt nicht gleich gefunden", kam also ebenfalls zu spät. Wäre ich ehrlich gewesen, hätte das Kennenlernen unter einem deutlich schlechteren Stern gestanden.

Das gilt ganz genauso auch für Äußerungen, von denen man weiß, daß sie von der Frau subjektiv interpretiert werden: hier gilt es so lange zu schweigen, bis man eine gemeinsame Basis hat.
 
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  • #15
die FS:

das Thema "Ehrlichkeit", gerade zu Beginn einer Beziehung ist für mich ein sehr wichtiges Thema geworden, gerade in den letzten Jahren. Gerade beim Online-Dating ist man oftmals sehr vorsichtig, weil man eben weiß, dass sich dort auch viele Menschen tummeln, die möglicherweise nur eine Zweitbeziehung suchen oder im Schutz der Anonymität viel mehr beschönigen, als sie es täten wenn man sich im persönlichen Freundes- und bekanntenkreis bewegt.
Ich denke, kein Mensch kann von sich ernsthaft behaupten, dass er in einer festen Beziehung noch nie gelogen hat. Oder sich nicht besser "verkauft" hat, als es eigentlich der Realität entspricht.
Selbst bin ich ein sehr offener Mensch, der nur in den seltensten Fällen lügt, aber dann auch manchmal aus Bequemlichkeit. ZB der Partner geht feiern, man selbst hat eigentlich nichts vor, tut aber so, als ob man auch verschiedene Optionen hätte.
In meinem speziellen Fall ging es um Exbeziehungen. Mein Freund berichtete von einer Kurzbeziehung, die angeblich schon Jahre her ist. Durch Unstimmigkeiten in seinen Erzählungen merkte ich aber, dass das zeitlich nicht stimmen kann. Er gab auch zu, dass ich mit meinem Misstrauen Recht habe, meinte dann, dass er aber nicht weiter drüber sprechen möchte und die ganze Sache weit vor meiner Zeit war. Und zwar aus dem Grund, dass es ihm peinlich ist.
Mein Partner ist ingesamt ein Mensch, der sich nur ungern in die Karten blicken lässt und wie gesagt lange braucht, bis er wirklich persönliche Dinge erzählt. Diese Aussage passt und ist mit seiner Persönlichkeit stimmig. Außerdem stammt er aus einem Kulturkreis, in dem es sich nicht ziemt unverblümt die Wahrheit zu sagen.
Mein Partner ist wie schon gesagt kein Aufreißertyp. Er war schon in der Kennenlernphase eher langsam und behutsam und hatte große Angst irgendetwas falsch zu machen. Er ist ein schüchterner Mensch mit einigen Selbstzweifeln. Dass er bisher fast nur lange Beziehungen hatte, passt in dieses Bild. Er ist kein Mann für "ex und hopp".
Ich denke außerdem, dass ein Mensch, der ein durchtriebener Lügner ist, auf gar keinen Fall zugeben würde, dass er auch mal flunkert. Angesichts der Tatsache, dass wir doch alle nicht immer ehrlich sind, beruhigt es mich fast schon, dass er dies zugibt.
Seine Aussage: "Klar, lüge ich auch mal. Aus Angst davor nicht gut genug zu sein, andere Menschen zu enttäuschen oder zu verletzen. Aber außer Dir hatte ich noch nie eine Partnerin, die mich als großen Lügner abgestempelt hätte. Ich war noch nie untreu. Außerdem finde ich gerade die Menschen verdächtig, die sagen sie wären immer ehrlich".

Aber diese Problematik ist sehr vielschichtig: Es kann beides sein: entweder ist er superehrlich, oder ein notorischer Lügner". Ich kenne ihn noch nicht so lange, deswegen ist es für mich einfach schwer einzuschätzen.

Ich denke, da hilft wirklich nur die Zeit, das herauszufinden.
 
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